Der grosse Loop

1 Monat waren Melanie und ich getrennt unterwegs und da die Zeit wie im Flug verging hatte ich noch 4 Tage übrig bis wir uns wiedertreffen sollten. Eigentlich wollte ich nach Otavalo direkt mit dem Quilotoa Loop (eine 3-tägige Wanderung) starten aber da Melanie den absolut nicht verpassen wollte, habe ich auf sie gewartet. Was könnte ich also bis zu ihrer Rückkehr von den Galapagos Inseln machen? Da mir Ideen nie ausgehen, hatte ich schnell eine Alternative gefunden....

Mindo hiess mein Ziel - es ist ein kleines Dorf in den sogenannten "Wolkenwäldern" in der Nähe von Quito. Eigentlich sind Wolkenwälder dem Dschungel sehr ähnlich - zumindest von der Dichte her - aber die Temperaturen sind tiefer und es gibt eigentlich fast keine Luftfeuchtigkeit. Dafür gibt es aber unglaublich viele Vogelarten und jede Menge Wasserfälle. Ich habe mir eine ruhige Unterkunft gesucht und bin los gestartet.... ich wollte rausfinden wo und wie und was und überhaupt. Leider wurde mir schnell bewusst, dass man fast nichts ohne Guide machen kann und so kehrte ich erstmal etwas enttäuscht zur Unterkunft zurück. Wie immer habe ich aber trotzdem Wanderungen gefunden ohne eine Menge Geld zu investieren. Am nächsten Morgen bin ich also zuerst zu einem Spaziergang aufgebrochen um Kolibris zu sehen - das sind wunderschöne Vögel und es macht auch noch Spass denen zuzusehen. Danach habe ich meine Wanderung fortgesetzt und bin bei einer Schmetterlingsfarm gelandet. Da ich Schmetterlinge liebe, habe ich dort einige Zeit verbracht und bin dann gemütlich zurück gewandert. Am nächsten Tag habe ich mir noch die Schokoladenproduktion angeschaut - die Verkostung am Ende war am Besten. Die Ecuadorianer sind ziemlich stolz auf deren Produktion und machen hervorragende Schokolade aber sehr natürliche, was heisst, dass sie sehr "bitter" schmeckt. Die allgemeine Ruhe in Mindo hat sehr gut getan und so habe ich die Zeit auch zum Lesen und erstaunlicherweise zum Fernsehen genutzt - sehr ungewöhnlich aber das war mal eine tolle Abwechslung. Auch habe ich die angenehmen Temperaturen unglaublich genossen und nach 1 Woche habe ich endlich nicht mehr gefroren. Wenn man von der Hitze Kolumbiens in die Höhen der Anden fährt, braucht man schon mal einige Zeit um sich an die Temperaturen zu gewöhnen - und in meinem Fall musste ich mir auch erstmal warme Kleidung kaufen. In Otavalo konnte ich das gut erledigen - mich werden nun ein Pullover sowie Socken aus Alpacawolle wärmen.

Nach den paar ruhigen Tagen in Mindo bin ich wieder zurück in die Grossstadt Quito. Dieses Mal bin ich aber nicht in einem Hostel abgestiegen sondern habe mich über Coachsurfing in einer WG einquartiert. Die Leute dort waren super nett und wir haben uns von Anfang an gut verstanden. Den vollen Tag in dieser riesigen Stadt habe ich genutzt um von Museum zu Museum zu wandern. In Quito sind viele Museen kostenlos und so war ich im Museum für moderne Kunst, im Museum rund um die Geschichte Quitos sowie im Nationalmuseum. Zwischendurch habe ich mir noch die grosse Basilika angeschaut von welcher man auch noch einen fantastischen Blick über Quito hat. Der Tag verging unglaublich schnell und als ich nach Hause kam erwartete mich schon ein Zettel wo wir uns heute Abend zum Ausgehen treffen. Wir hatten einen lustigen Abend mit interessanten Gesprächen und etwas viel Alkohol aber naja....

Am nächsten Tag trat ich dann meine Reise in Richtung Latacunga an, wo Melanie und ich uns treffen wollten - vorher hatte ich aber noch meine Mühe zum richtigen Busterminal zu gelangen.

In allen Städten, die wir soweit in Südamerika erlebt haben, habe ich kein furchtbareres und undurchschaubareres Bussystem gesehen. Nicht mal die Einheimischen blicken durch dieses Labyrinth hindurch und auch die Damen an den Ticketständen haben keine Ahnung. So habe ich ganze 2 Stunden für den Weg zum Busterminal gebraucht - ich war nicht nur super genervt sondern auch fix und fertig.

Das Wiedersehen mit Melanie war natürlich toll und wir haben erstmal pausenlos gequatscht um uns wieder auf den neusten Stand zu bringen. Am Abend haben wir noch etwas Obst eingekauft, unsere kleinen Rucksäcke gepackt und alles erledigt um am nächsten Morgen mit dem Quilotoa Rundwanderweg zu beginnen. Diese Wanderung dauert 3 Tage und im Prinzip wandert man von Dorf zu Dorf und durch eine wunderschöne Landschaft bis man am Kratersee ankommt. Und so ist es uns ergangen:

Tag 1: Nach dem Frühstück sind wir mit dem Bus von Latacunga bis nach Sigchon gefahren - 2 Stunden hat die Fahrt gedauert bevor wir starten konnten. Den Weg mussten wir uns suchen aber eine detaillierte Beschreibung (haben wir vom Hostel in Latacunga erhalten) soll uns dabei helfen. Zuerst ging es mal bergab in ein Tal hinein, vorbei an abgelegenen Häusern und alles war noch relativ unspektakulär. Nach 2 gemütlichen Stunden ging es das Tal wieder bergauf und nach diesem ersten Aufstieg hatten wir noch eine gute halbe Stunde bis wir in Insinlivi angekommen waren. Da uns einige Reisende die Unterkunft "Lulu Lama" empfohlen haben, haben wir auch diese gewählt und wie sich herausstellte war das eine hervorragende Entscheidung. Wir haben ein Zimmer mit eigenem Kamin bekommen und das Badezimmer war einfach der Hammer. Das beste an der ganzen Unterkunft war aber, dass sie einen Wellnessbereich mit Sauna, Dampfbad und Whirlpool haben und die Sauna haben wir mehr als genutzt. Die Aussicht war traumhaft und gleichzeitig konnten wir uns richtig aufwärmen. Im Preis für die Unterkunft war auch das Abendessen enthalten und so haben wir mit den anderen Wanderern gemütlich zu Abend gegessen und danach wurde am Kamin noch zusammengesessen.

Tag 2: Für Mel und mich fing der Tag früher an weil wir zeitig starten wollten um das Wandern im Regen zu vermeiden. Also ging es nach dem verfrühten Frühstück um 8 Uhr los.... zuerst ging es wieder in ein Tal hinunter um danach den Fluss zu überqueren und langsam wieder an Höhe zu gewinnen. Irgendwann sind wir in einem Waldstück gelandet und haben leider zu früh entschieden nach rechts und somit nach unten zu wandern. Nach einer Weile des herumklettern haben wir entschieden umzudrehen weil die Steinwand welche in den Notizen beschrieben war einfach nicht kam. Nachdem wir das ganze Stück wieder hochgeklettert sind und dem Wanderweg folgten kam ein Hinweis nach dem anderen, dass wir nun richtig waren. Nun ging es wieder bergab und wir kamen zu dem Canyon den wir irgendwann offensichtlich nach oben wandern müssen. Aber zuerst fing ein kleines Abenteuer an.... die eigentliche Hängebrücke wurde von dem reissenden Fluss weggerissen und so blieb uns nur ein Baumstamm übrig um den Fluss zu überqueren. Bevor wir aber an dem Punkt ankamen, mussten wir uns erstmal den Weg am Fluss entlang suchen, was absolut nicht einfach war - wir sind über Büsche und Sträucher geklettert und haben alles versucht um nicht im Schlamm des Flussbettes zu versinken. Als wir endlich auf der anderen Seite angekommen waren, lagen einige Stunden bergauf vor uns um in Chugchilan anzukommen. Zuerst war es relativ gemütlich und sogar auf einem schönen Wanderweg, dann durchquerten wir ein Dorf und von da an ging es senkrecht den Canyon hinauf. Die Aussicht von oben entschädigte uns und im Anschluss wanderten wir stetig leicht bergauf bis wir ankamen. Die Unterkunft war wieder schnell gefunden aber leider mussten wir auf Sauna und Kamin im Zimmer verzichten. Auch der Aufenthaltsraum war nicht gerade der Gemütlichste und vor allem die ganzen Männer, die Fussball schauten irritierten uns sehr. Durch den Kamin verwandelte sich der Raum in eine Räucherkammer und so kam Melanie als frischer Speck zurück ins Zimmer. Ich hatte mich für mein Bett und mein Buch entschieden.

Tag 3: Unser Tag startete wieder früh und bereits um kurz vor halb acht starteten wir unsere Wanderung. Es war der letzte Tag und wir wussten von Anfang an, dass es ziemlich anstrengend werden wird. Nach dem anfänglichen bergab wandern, ging es das erste Mal steil bergauf.... immer mit der schönsten Aussicht vor Augen. Als wir im ersten Dorf angekommen waren, ging es wieder bergab bis wir am Fluss ankamen - die Brücke suchten wir vergeblich und so beratschlagten wir uns nach der besten Überquerungsmöglichkeit. Wir kletterten also wieder über einen Erdrutsch (keine Ahnung wie viele uns bereits begegnet waren) um an der nur knöcheltiefen Stelle anzukommen und dort wanderten wir rüber um im Anschluss bergauf und bergauf und bergauf und bergauf zu wandern. Nach insgesamt 4 Stunden und wirklich müden Beinen kamen wir an der Kraterlagune an und waren einfach nur glücklich unser Ziel erreicht zu haben. Wir assen unseren Proviant während wir die Aussicht genossen haben - da wir die einzigen weit und breit waren, war es natürlich umso spektakulärer. Nach 1 Stunde ging es weiter ins Dorf was eigentlich nur 1 Stunde dauern sollte aber leider haben wir die falsche Abzweigung genommen - wir folgten dem Wanderweg im inneren des Kraters und irgendwann (als es viel zu spät war) wurde uns klar, dass wir falsch sind. Der Wanderweg war auf Grund von Erdrutschen immer wieder unterbrochen und irgendwann blieb uns nichts anderes mehr übrig als zum See runter zu klettern und dann den Wanderweg von dort wieder nach oben zu nehmen. Es waren einfach nochmal 400 Höhenmeter die wir runter und dann wieder rauf gewandert sind und zwischendurch waren wir einfach nur mehr demotiviert und wollten endlich ankommen und uns ausruhen. Es war wirklich hart immer wieder den Weg zu suchen und nicht zu wissen ob wir richtig sind oder nicht - dazu kam, dass wir irgendwann echt Angst bekamen weil der Boden so aufgelockert war vom vielen Regen und von Zeit zu Zeit rutschten wir richtig aus. Im Endeffekt sind wir sicher und gut in Quilotoa angekommen. In der Unterkunft haben wir uns dann wieder ein Privatzimmer mit Kamin gegönnt um einfach unsere Ruhe zu haben. Zum Abschluss dieses ereignisreichen und abenteuerlichen Tages, wurden wir mit einem wunderbaren und einzigartigen Sonnenuntergang belohnt.

Ecuador hat sich ein weiteres Mal von der schönsten Seite gezeigt - die Landschaft lässt mich einfach jeden Tag stauen. Nichtsdestotrotz werde ich mit der Kultur hier nicht warm. Man fühlt sich einfach wie ein Tourist und bekommt keine Chance hinter die Kulissen zu blicken. Einzig Adrianna in Quito (Ecuadorianerin) und ihre Mitbewohnerin haben mir einiges über Ecuador erklärt und haben mir erstaunlicherweise in vielen Punkten Recht gegeben. Zum Beispiel, dass die Menschen in den Anden einfach verschlossener sind und nicht so freundlich - jeder will hier etwas vom Kuchen der Touristengelder abhaben und den meisten ist es leider egal wie das ganze passiert. Adrianna hat mir von Situationen in Quito erzählt, wo ich fast vom Glauben abgefallen wäre.... Ecuador ist zwar um einiges sicherer als Kolumbien oder der Norden von Brasilien oder wie Chile aber wenn ich ehrlich bin, verzichte ich lieber auf ein bisschen Sicherheit und habe dafür herzlichere und freundlichere Menschen um mich. Schauen wir mal was wir in der nächsten Woche so erleben werden hier....

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