Zu Fuss von Nebaj nach Todos Santos

Eine der besten Methoden um ein Land kennenzulernen ist zu wandern und das am besten viele viele Kilometer sowie in die abgelegeneren Ecken eines Landes. Nun ist das natürlich nicht immer möglich aber in Guatemala habe ich eine Möglichkeit gefunden, besser gesagt, hat mir ein Bekannter ein paar Hinweise gegeben. Lance (ein Bekannter vom Projekt in Peru) hat für Quetzaltrekkers als Guide gearbeitet und hat mitgewirkt bei der Zusammenstellung der Route. 

Zuerst aber ein paar Infos zu Quetzaltrekkers: Es ist eine NGO, die das gesamte Geld, welches durch die verschiedenen Treks verdient wird, für die Schulbildung von Strassenkindern verwendet. Die Schule welche von Quetzaltrekkers gegründet wurde, gibt Strassenkindern in den Armenvierteln von Quetzaltenango die Möglichkeit auf Bildung und zusätzlich werden Lehrer gerecht bezahlt, auch Frauen eingestellt und die Schule hat zusätzlich noch Schlafsäule um vielen Kindern auch die Möglichkeit auf ein Dach über dem Kopf zu geben. Die Guides arbeiten ausschliesslich auf freiwilliger Basis und müssen auch für Kost und Logie selber aufkommen. Somit kann so viel Geld wie möglich der Schule zu Gute kommen. Aber natürlich müssen auch Unterkünfte, Essen, etc. der Wanderer von den Trek-Erlösen finanziert werden. Aber zu den Details diesbezüglich, komme ich während der nächsten Zeilen. 

Von Nebaj nach Todos Santos sind es insgesamt 62 Kilometer und bis auf ca. 5 Kilometer wird alles zu Fuss zurück gelegt. Dabei startet man bei ca. 1800 Höhenmeter und arbeitet sich mehr oder weniger langsam auf 3800 Höhenmeter hinauf. Somit kann ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass die ersten 3 Tage sehr, sehr hart und zusammen mit dem 15 Kilo schweren Rucksack eine echte Herausforderung waren. Nun aber zu den Details:


Tag 1:

Früh morgens haben wir uns zum Frühstück getroffen, haben unsere Rucksäcke mit Ausrüstung und Essen voll gepackt und sind im Anschluss zum Busterminal los gestartet. Von dort haben wir den ersten öffentlichen Bus nach Quiché genommen um von dort mit einem sogenannten Mikrobus weiter nach Nebaj zu fahren. Nach ca. 6 Stunden Fahrt sind wir in dem verschlafenen Dorf im den Bergen angekommen. In Nebaj haben wir in einem „Hotel“ geschlafen, die für uns ein sehr traditionelles Mittagessen gemacht haben - Kürbisblätter gefüllt mit Maisteig in einer sämigen Sosse. Danach haben wir das Dorf ein bisschen erkundet und wurden von allen Seiten mit grossen Augen angeschaut. Tja,... viele Touristen kommen hier wirklich nicht nach Nebaj.

In Nebaj

Nach dem Abendessen gab es noch eine kleine Vorbesprechung für die nächsten Tage und im Anschluss sind wir auch schon ins Bett, denn die nächsten Tage sollten kein Spaziergang werden.


Tag 2:

Nach dem Frühstück ging es um Punkt 8 Uhr los. Nachdem der gemütliche Teil vorbei war (nach 15 Minuten) ging es steil bergauf bis wir den Berg auf der anderen Seite wieder hinunter wanderten und in Acul, mitten im Nirgendwo ankamen. Während unserer kleinen Snackpause hat Bianca (eine der Guides) uns einiges über das soeben erreichte Dorf erzählt. Während der Trek vor ca. 10 Jahren zusammen gestellt wurde, hat man dies unter den Motto „auf den Spuren der Geschichte“ gemacht und somit auch versucht einige wahre Geschichten zu erfahren um die Fakten zu unterstützen. Und natürlich ist der Bürgerkrieg nachwievor ein grausamer aber wichtiger Teil der Geschichte. Im Anschkuss ging es stetig in Richtung Xexecom, wo wir unsere 2. Nacht verbracht haben.

Vom Stockbett ging es nun auf den Steinboden in das sogenannte Dorfgebäude mit einem herrlichen Ausblick auf die umliegenden Berge des Dorfes. Gegessen haben wir bei einer Familie zu Hause. In diesem Dorf entscheiden immer die Bewohner selbst wo die Wanderer essen und auch wo das Temascal gemacht wird. Vom mexikanischen Temascal habe ich ja bereits berichtet - das guatemaltekische ist aber keine spirituelle Sauna, sondern eine traditionelle „Dusche“. In der kleinen, niedrigen Hütte haben max. 2 Personen Platz, die Hütte sowie auch das Wasser wird durch das Feuer erhitzt und im Endeffekt mischt man es mit kaltem Wasser und wäscht sich damit. Eine Wohltat, die kaum beschrieben werden kann. Nachdem wir uns also gewaschen haben und uns mit Reis, Bohnen und Ei gestärkt hatten, ging es in den Schlafsack, denn Tagwache sollte bereits um 3 Uhr morgens sein.


Kurz nachdem wir das Dorf Acul durchquert haben

Die Kirche von Acul
Zu Gast in Xexecom



Eine Pause am Hauptplatz von Acul


Die Aussicht von unserem Schlafgebäude aus...


Tag 3:

Der Dritte Tag der Wanderung fällt eindeutig in die Kategorie „brutal“. Bianca hat uns bereits um 3 Uhr und nachdem wir unsere Sachen gepackt und uns fertig gemacht hatten, ging es los - im Dunkeln und immer stetig den Berg hinauf. Insgesamt hatten wir 87 Serpentinen zu bewältigen, die auf 1000 Höhenmeter verteilt waren. Da es nachts aufgeklart hatte, konnten wir einen atemberaubenden Sternenhimmel inklusive Vollmond betrachten (wenn wir denn Zeit hatten) und umso höher man sich kämpfte, umso schöner wurde die Aussicht auf das winzige Lichtermeer. Schritt für Schritt ging es hinauf und nach 1.5 Stunden waren die ersten am Frühstücksplatz angekommen. Eigentlich sollte der Aufstieg ca. 2 Stunden dauern aber irgendetwas hat uns wohl schneller sein lassen. Es war nach wie vor sehr kalt und so haben wir die Schlafsäcke ausgepackt und auf den Sonnenaufgang gewartet. Als irgendwann auch die letzten beiden Kämpfer ankamen, war es bereits hell und das Frühstück (Haferbrei mit Tee) fertig. Die Aussicht war wirklich toll und das obwohl der Sonnenaufgang nicht wirklich zu sehen war, weil die Wolken sich davor gedrängt hatten. Nichtsdestotrotz war die Stimmung gut und um 7 Uhr ging der Marsch weiter nach oben, bis wir das Hochplateau erreicht hatten. Nun bekamen wir auch einen ersten Eindruck vom Leben abseits der Zivilisation. Ziegen- und Schafhirten, die sich dem rauen Klima angepasst und eigentlich alles haben, was sie brauchen. Wir durchquerten 3 Dörfer an diesem Tag und sahen viele Frauen beim Wäschewaschen an verschmutzen Wasserpfützen. Während des ganzen Tages konnten wir wieder viel über die Geschichte und das Leben in den abgelegenen Gegenden lernen und irgendwann gegen 16 Uhr hatten wir es nach Paijul Pais geschafft, wo wir wieder in einem Bett schlafen konnten. Das Dorf hat gemeinsam das Gebäude für die Wanderer gebaut und das Geld, das damit verdient wird, wird für Notfälle verwendet (wie auch in Xexecom). Das Abendessen fand bei einer Familie zu Hause statt, die deutlich ärmer war als die Familie vom Vortag aber trotzdem wurde Hühnchen serviert (für mich gab es Avocado). Da der Tag einfach so unfassbar lang und anstrengend war, lagen die meisten bereits um 7 Uhr im Bett und ich für meinen Teil, war tot.



Kurz vor Paijul Pais

Beim Frühstück

Bei der Arbeit... der wichtige Verkauf von Schafsdünger

Die Landschaft wechselte im Stundentakt

Schafhirten am Hochplateau

Tag 4:
An diesem Tag fehlte mir eindeutig die Motivation. Als wir aufstanden hat es genieselt und alles war. Nach den Frühstück ging es aber trotzdem los... zuerst ins Tal hinunter und dann wieder den Berg hinauf. Dieses Bergauf hat sich aber so in die Länge gezogen, dass ich echt ziemlich genervt war. Da man aber keine Wahl hat, wanderte ich schweigend und ohne ein Lächeln den Berg hinauf. Die Anderen waren etwas verwundert von meiner anhaltenden Stille aber was soll man tun, wenn man einfach nicht reden will!?! Nach einer Pause mit Wassermelone in einem kleinen Dorf, war die Stimmung aber wieder besser und es ging voller Elan durch die Prärie bis zu unseren Lunch-Spot und dann weiter zur letzten extremen Steigung. Nachdem wir auch die hinter uns gebracht hatten, ging es in Richtung Hauptstrasse, von wo aus wir einem Bus zur Unterkunft nahmen. Was für eine Wohltat - wir hatten es tatsächlich bis auf 3500 Höhenmeter geschafft... und wie könnte man das besser feiern als mit einem kühlen Bier und Temascal! Das Temascal hat dem Körper wirklich gut getan und so waren wir gewappnet für den letzten Tag der Wanderung. Dieses Mal wurden wir beim Abendessen mit Kartoffelpüree versorgt und die ganze Familie hat mit uns gegessen - was für ein Leben da an den Tisch kommt, unglaublich.

Durch die Prärie...

Ein Friedhof am Hochplateau


Nach dem ersten Teil der Steigung, hätte man einen tollen Ausblick...

Ein mystischer Morgen endete trotzdem in Sonnenschein

Tag 5:
Das sollte nun der letzte Wandertag sein. Nach dem typischen, guatemaltekischen Frühstück von Reis und Bohnen, ging es die letzten 300 Meter den Berg hinauf. Diese kleine Distanz haben wir aber mit grossen Umwegen zurück gelegt - es ging durch Wälder und ein weiteres Dorf, bis wir den Gipfel sahen und langsam hoch stapften. Unser Ziel heisst „La Torre“ und ist der höchste nicht-vulkanische Punkt Zentralamerikas. Oben angekommen haben wir die Aussicht genossen und eine weitere sehr dramatische Kriegsgeschichte des Hausherrn der vergangenen Nacht gehört. Er hatte vor einigen Jahren sein Schicksal den Guides von Qutzaltrekkers erzählt weil er wichtig findet, dass wir keinen Wohlstand und keinen Frieden für selbstverständlich halten. Jeder soll sich bewusst und dankbar sein, für das was er hat und auch wenn es nur wenig ist. Es ist das Schönste Geschenk für ihn in Frieden und ohne Angst leben zu können. Mit diesen sehr berührenden, abschliessenden Worten haben wir uns auf den Weg gemacht - volle 1000 Höhenmeter wieder nach unten. Es war recht schweigsam in der Gruppe und nicht nur weil man aufpassen musste wo man hintritt. Als wir unten angekommen sind, haben wir noch einmal einen Bus bis nach Todos Santos genommen und somit waren wir am Ziel angekommen.


Das letzte Mittagessen am Berg...

Der finale Abstieg

Am Ziel angekommen!!

Den Rest des Tages haben wir in dem kleinen Städtchen verbracht, in dem wirklich jeder in traditioneller Kleidung herumläuft. Es war ein bisschen unwirklich, die ganzen Männer und Frauen im gleichen Outfit zu sehen. Die jüngere Generation peppt ihre Outfits mit modernen Details auf und so ist es wirklich mehr als interessant durch die Strassen zu laufen. Leider sieht man auch hier viele Männer bereits am frühen Nachmittag so betrunken, dass sie kaum mehr stehen können. Das ist eigentlich ein sehr normales Bild im Guatemala - Männer, bewusstlos am Strassenrand liegend. 

Der letzte gemeinsame Abend verging sehr schnell und wiederum lagen wir früh im Bett, denn auch der letzte Tag startete wieder um 4 Uhr um zeitig wieder in Quetzaltenango anzukommen.





Was für eine Woche... die Wanderung war wirklich eine perfekte Gelegenheit um Guatemala abseits der Touristenpfade kennenzulernen. Es war nicht nur interessant und aufschlussreich sondern auch die Landschaft hat sich ständig geändert und mit den verschiedenen Dörfern auch die traditionelle Kleidung. Jedes noch so kleine Dorf hat eine eigene Farb- und Musterzusammenstellung. Und diese gesamte Vielfalt innerhalb von 3 Distrikten zu finden, ist doch etwas sehr besonderes. 

Nach dieser intensiven Woche war es dann Zeit einen Gang runter zu schalten und in einer Hängematte den Tag an sich vorbeiziehen zu lassen. Wo genau das passiert ist und was sich die nächsten Wochen so tut, wird bald zu lesen sein...

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